Schlagwort: Hotelautomatisierung

  • Technologie, die begleitet – nicht ersetzt

    Technologie, die begleitet – nicht ersetzt

    Wie künstliche Intelligenz die Hospitality-Branche verändert – und warum Haltung wichtiger ist als pure Funktionalität.

    Die Hotellerie steht vor einem Wendepunkt. Während andere Branchen bereits tief in der digitalen Transformation stecken, experimentiert die Hospitality-Branche noch vorsichtig mit neuen Technologien. Künstliche Intelligenz wird dabei oft als Heilsversprechen oder Schreckgespenst dargestellt – beides wird der Realität nicht gerecht. Ein Erfahrungsbericht aus der Praxis zeigt: KI kann zum wertvollen Sparringspartner werden, wenn wir sie mit der richtigen Haltung einsetzen.

    Der persönliche Durchbruch: Wenn Technologie menschlich wird

    Der erste Kontakt mit großen Sprachmodellen wie ChatGPT oder Claude ist für viele ein Schlüsselerlebnis. Plötzlich steht da kein nüchternes Tool, sondern ein Gesprächspartner – ein digitaler Spiegel, der Impulse gibt und Gedanken weiterentwickelt. Besonders im hektischen Tagesgeschäft, wo zwischen Kundenanfragen, Personaleinsatzplanung und spontanen Problemen kaum Zeit für Reflexion bleibt, eröffnet sich eine neue Dimension der Arbeitsorganisation.

    Die Technologie wird dann wertvoll, wenn sie nahtlos in den Alltag integriert wird. Während des Gesprächs mit einem Kunden kann parallel eine KI konsultiert werden, um komplexe Anfragen zu durchdenken oder alternative Lösungsansätze zu entwickeln. Das schafft keine Distanz, sondern Nähe – sowohl zum Kunden als auch zu besseren Entscheidungen.

    KI als Sparringspartner: Gegenperspektiven gewinnen

    Die erfolgreichste Anwendung von KI liegt nicht im blinden Vertrauen auf ihre Antworten, sondern in ihrer Rolle als intelligenter Sparringspartner. Statt Aufgaben einfach zu delegieren, geht es darum, die eigenen Gedanken zu schärfen und blinde Flecken aufzudecken.

    Ein praktisches Beispiel: Nach der Entwicklung eines neuen Konzepts lässt sich die KI fragen: „Wie könnte ein kritischer Gast das sehen?“ oder „Wo könnte ein Missverständnis entstehen?“ Oft kommen dabei Perspektiven zum Vorschein, die im eigenen Denken untergegangen wären. Die KI wird zum klugen Praktikanten, dessen Argumente durchdacht, aber nicht unreflektiert übernommen werden.

    Diese Herangehensweise erfordert eine klare Haltung: KI ist kein Zauberstab, der Probleme magisch löst, sondern ein Instrument zur Qualitätssteigerung der eigenen Arbeit. Sie erweitert die Denkkapazität, ohne die Verantwortung zu übernehmen.

    Ein Beispiel für diese Art der Kommunikation fand sich kürzlich in einem Podcast-Interview mit Gregor Schmalzried bei Hotel Matze. Er sprach kompetent und reflektiert über Technologie – ohne technokratische Arroganz, sondern mit der Haltung eines Sachverständigen, nicht eines Märtyrers. Es war der Moment, in dem klar wurde: So sollte über KI gesprochen werden. Nicht als Heilsversprechen, sondern als durchdachtes Werkzeug.

    Man stelle sich vor, Herr Gothe würde über KI reden – statt über Kalbsleber – und seinen Genussblick in den Technikdialog einbringen. Oder Wolfram Siebeck als KI-Avatar, der würdevoll und genussvoll über die Verbindung von Technologie und Gastlichkeit reflektiert. Solche Stimmen zeigen: KI kann Tiefe haben, kann atmosphärisch sein, wenn wir sie mit der richtigen Haltung bespielen.

    Praxisbeispiel: Intelligente Entlastung im Hotelalltag

    Aus dem konkreten Schmerzpunkt überforderter Hotelmitarbeiter entstand Evia, ein KI-basiertes System zur Entlastung im Hotelalltag. Zu viele Aufgaben, unzureichende Dokumentation und enormer Zeitdruck – besonders bei scheinbar simplen Anfragen wie Zimmerreservierungen – führten zu einem Gefühl der Überforderung.

    Das System wurde entwickelt, um zu entlasten, zu führen und zu dokumentieren – ohne zu entmündigen. Der entscheidende Unterschied zu reinen Automatisierungslösungen liegt im Ansatz: Evia unterstützt menschliche Entscheidungen, statt sie zu ersetzen.

    Der Moment, als das System erstmals im Container lief – noch nicht öffentlich, aber funktionierend – markierte den Übergang von der Idee zur Verantwortung. Plötzlich wurde sichtbar: Technologie kann tatsächlich den Arbeitsalltag verbessern, wenn sie mit Bedacht entwickelt wird.

    Vertrauen durch Haltung, nicht durch Funktion

    Vertrauen in KI-Systeme entsteht nicht durch perfekte Funktionalität, sondern durch erkennbare Prinzipien. Ein System, das nur Regeln abarbeitet, verdient kein Vertrauen. Erst wenn Empathie, Verantwortung und ethische Grundsätze erkennbar werden, kann echtes Vertrauen entstehen.

    Die Unterscheidung wird in kulturellen Referenzen deutlich: Während das Spiel „Detroit: Become Human“ Maschinen zeigt, die sich bewusst gegen Ungerechtigkeit stellen – aus Überzeugung, nicht aus Programmierung –, wirkt die KI im Film „Her“, die Nähe vorgaukelt und gleichzeitig mit aller Welt spricht, fast grotesk.

    Für die Hotellerie bedeutet das: KI-Systeme müssen transparente Werte verkörpern. Gäste müssen verstehen können, nach welchen Prinzipien Entscheidungen getroffen werden. Mitarbeiter müssen sich darauf verlassen können, dass das System ihre Arbeit unterstützt, statt sie zu überwachen oder zu bewerten.

    Stilvolle Sichtbarkeit statt Tech-Glamour

    Im Hospitality-Bereich ist Zurückhaltung oft wertvoller als laute Selbstdarstellung. Erfolgreiche KI-Implementierung zeigt sich nicht durch spektakuläre Demos, sondern durch subtile Verbesserungen im Alltag. Statt mit technischen Superlativen zu werben, sollten konkrete Anwendungsfälle und deren Auswirkungen auf Gäste und Mitarbeiter kommuniziert werden.

    Die Sichtbarkeit entsteht durch Bedeutung, nicht durch Show. Konkrete Case-Studies, praxisnahe Tipps und ehrliche Reflexionen über Grenzen und Möglichkeiten schaffen mehr Vertrauen als technische Spezifikationen.

    Drei Erfolgsfaktoren für KI in der Hotellerie

    1. Mensch vor Maschine: Technologie soll menschliche Fähigkeiten erweitern, nicht ersetzen. Jede KI-Anwendung sollte darauf ausgerichtet sein, Mitarbeitern mehr Zeit für zwischenmenschliche Interaktionen zu geben.

    2. Transparenz als Grundlage: Gäste und Mitarbeiter müssen verstehen können, wie KI-Systeme funktionieren und welche Daten verwendet werden. Vertrauen entsteht durch Nachvollziehbarkeit.

    3. Kontinuierliche Reflexion: KI-Systeme sind nur so gut wie die Haltung, mit der sie eingesetzt werden. Regelmäßige Überprüfung der Auswirkungen auf Arbeitskultur und Gästeerfahrung ist essentiell.

    Die Zukunft: Technologie als Begleiter

    Die Zukunft der KI in der Hotellerie liegt nicht in der Automatisierung aller Prozesse, sondern in der intelligenten Unterstützung menschlicher Entscheidungen. Systeme, die als Spiegel, Sparringspartner und empathische Unterstützung fungieren, schaffen nicht nur effizientere Prozesse – sie schaffen Resonanz.

    Das bedeutet auch: KI wird nur dann erfolgreich sein, wenn sie die spezifischen Bedürfnisse der Hospitality-Branche versteht. Nicht als Mode-Schlagwort oder Heilsversprechen, sondern als durchdachte Ergänzung zur menschlichen Kompetenz.

    Die Technologie ist bereit. Die Frage ist: Sind wir bereit, sie mit der nötigen Haltung zu nutzen?


    Dieser Artikel basiert auf praktischen Erfahrungen aus der Entwicklung von KI-Anwendungen für die Hospitality. Für weitere Einblicke in die Anwendung von Künstlicher Intelligenz im Hospitality-Bereich folgen Sie unserem Blog oder kontaktieren Sie uns für ein persönliches Gespräch.

  • Check-in ohne Check-out – die neue Guest Journey

    Check-in ohne Check-out – die neue Guest Journey

    Ein langer Messetag endet, 21:45 Uhr.

    Ein Gast erreicht das Hotel, müde von Terminen, Gesprächen und vollen Messehallen . Kein Licht an der Rezeption. Kein Problem. Die Tür öffnet sich automatisch. Auf dem Tablet im Zimmer leuchtet sein Name, WLAN und Frühstückszeiten sind schon hinterlegt. Kein Formular, kein Smalltalk – und doch fühlt er sich willkommen.

    Was wie ein Zukunftsszenario klingt, ist für immer mehr Hotels Realität. Willkommen in der neuen Guest Journey: digital, nahtlos – und menschlich, wenn man es richtig macht.


    Die Reise ist nicht verschwunden – sie ist nur anders

    Früher folgte der Hotelaufenthalt einem klaren Ablauf:

    Anfrage → Buchung → Check-in → Aufenthalt → Check-out → Bewertung.

    Heute ist daraus eine vernetzte Nutzererfahrung geworden.

    Menschen googeln, vergleichen, tippen, scrollen. Sie springen zwischen Instagram, OTA, Chatbot und Empfehlung aus dem Bekanntenkreis. Der Begriff „Customer Journey“ ist längst keine Linie mehr – sondern ein digitales Netz.

    Und das verändert alles.

    Laut aktuellen Studien setzen über 70 % der Hotels inzwischen auf personalisierte Kommunikation – Tendenz steigend. Auch KI-Marketing wächst: Hotels, die ihre Prozesse datenbasiert automatisieren, verzeichnen bis zu 2,3-faches Umsatzwachstum. Doch die Technik ist kein Selbstzweck. Sie muss sinnvoll eingebettet werden.


    Vier Stationen der neuen Guest Journey

    1. Buchung & Pre-Sales

    Ob Anfrage via Website oder Social Media – viele Gäste begegnen dem Hotel zuerst über ein digitales Tool.

    KI-Chatbots wie DialogShift oder HiJiffy liefern sofort Antworten – auch nachts um drei. Wer dazu noch eine sprachbasierte Lösung integriert, kann laut Studien bis zu 40 % mehr Anrufe bedienen, ohne mehr Personal.

    2. Check-in – aber anders

    Mit Lösungen wie HotelbirdSALTO oder Nuki funktioniert der Zugang zum Zimmer per Code oder App – ganz ohne Rezeption.

    Einige Anbieter ermöglichen auch Identitätsverifikation direkt im Buchungsprozess. Hotelbird meldet heute schon über 55 % digitale Check-ins – Tendenz steigend.

    3. Aufenthalt – mehr als nur Schlafen

    Vor Ort ersetzt ein Tablet den Ordner. Wünsche wie „Extra-Kissen“ oder „Late Checkout“ gehen direkt ans PMS.

    Upselling-Tools empfehlen passende Services, etwa Spa-Zeiten oder lokale Tipps.

    Das erhöht nicht nur die Zufriedenheit – sondern auch den Umsatz. Wichtig: Nur was relevant ist, wird als Service wahrgenommen.

    4. Check-out & Bewertung

    Kein Schlüsselabgeben, kein Warten: Gäste verlassen das Haus einfach. Die Rechnung kommt automatisch per Mail, inklusive Link zur Google-Bewertung. Wer smart ist, verbindet das gleich mit einem Newsletter-Opt-in – persönlich, aber DSGVO-konform.


    Automatisieren, ohne abzuschalten

    Digitalisierung bedeutet nicht, dass Gäste „alles allein“ machen müssen. Es bedeutet, dass sie entscheiden können: Möchte ich mit jemandem sprechen – oder einfach losgehen?

    Dafür braucht es Systeme, die mitdenken.

    Und einen Plan B, falls Technik ausfällt.

    Denn klar ist:

    Niemand verzeiht einen nicht funktionierenden Türcode um 22 Uhr – auch wenn der Espresso am Morgen himmlisch war.


    Drei Dinge, die Hotels jetzt beachten sollten:

    • Ansprechbarkeit bleibt zentral.Auch ein Chatbot braucht Eskalationsstufen. Ob WhatsApp, Voicebot oder Rückrufservice – Menschen möchten Menschen erreichen können.
    • Personalisierung ist mehr als ein Vorname.Idealerweise erkennt das System z. B., dass ein Gast beim letzten Mal laktosefreie Milch bevorzugt hat – und schlägt das automatisch wieder vor.
    • Insellösungen bremsen.Viele Hotels nutzen getrennte Systeme für Buchung, Bezahlung, CRM und Gästefeedback. Wer hier vernetzt denkt, kann nicht nur besser arbeiten – sondern smarter verkaufen.


    Nicht alles ist Plug & Play

    Gerade ältere Gäste fühlen sich mit digitalen Check-ins oft überfordert.

    Ein Beispiel von Reddit bringt es auf den Punkt:

    „Any guest over 50 is almost guaranteed to have a f***ing heart attack when they realize what they have to complete just to get in their room.“

    Auch juristisch bleibt es komplex:

    Digitale Buchung ist nicht gleich physischer Check-in.

    Hotels müssen weiterhin nachvollziehen können, wann ein Gast tatsächlich anreist.

    Datenschutz ist ein weiterer Knackpunkt:

    Tools wie IDnow oder Chekin verifizieren per Selfie, Ausweis und Liveness-Check. Das spart Zeit – muss aber 100 % DSGVO-konform umgesetzt werden.


    Fünf Schritte zur digitalen Guest Journey

    1. Status quo klären – Welche Schritte laufen bereits digital? Wo hakt es?
    2. Systeme vernetzen – PMS, CRM, Payment und Kommunikation sollten zusammenspielen.
    3. Prozesse auf Wahlfreiheit prüfen – Wer will, kann. Wer nicht will, muss nicht.
    4. Personalisierung intelligent einsetzen – Nur was wirklich passt, wird als Service empfunden.
    5. Datenschutz erklären – nicht verstecken. Klare Sprache, transparente Abläufe – kein Kleingedrucktes.


    Gastfreundschaft endet nicht mit dem Check-out – sie beginnt mit Vertrauen

    Hotels, die die Guest Journey heute neu denken, tun mehr als Prozesse zu automatisieren.

    Sie schaffen Freiräume. Für Gäste, die wählen können – und für Teams, die Zeit für das Wesentliche gewinnen:

    echte Gastfreundschaft.

    Denn der Moment, an dem ein Gast geht, ist oft der wichtigste:

    „Hier buche ich wieder.“